Die Presse meinte:
"Duo KlangRaum"
verzaubert musikalischen Jahreswechsel in Neuenbürg
mit Walzern, Konzert und höfischer Tanzmusik
Nach der vom Publikum bestens aufgenommenen Premiere im
zurückliegenden Jahr, gestaltete das „Duo Klangraum“ mit der
Neuenbürger Bezirkskantorin Sun Kim und ihrem Partner Christian
David Karl erneut ein Silvesterkonzert. Allerdings nicht wie
ursprünglich vorgesehen in der weitgehend sanierten Stadtkirche,
sondern im Gemeindehaus am Schlossberg. Die Fertigstellung des
Innenraums verschiebt sich auf Februar.
Im Mittelpunkt des gut einstündigen Programms standen das dritte
Brandenburgische Konzert von Johann Sebastian Bach sowie Tänze von
der Renaissance bis zur Romantik. Deren Interpretation durch die
beiden bestens aufeinander eingespielten Kirchenmusiker entwickelte
sich dann auch zu einem virtuosen Tanz beziehungsweise Wechselspiel
auf den Tasten von Klavier, Cembalo und Truhenorgel. Zum Auftakt
erklang der von knappen, klaren Strukturen und Wiederholungen
geprägte erste Walzer aus den „Sechs Walzern zu vier Händen“ von Max
Reger, gefolgt von dessen Bearbeitung für Klavier zu vier Händen von
Bachs drittem Brandenburgischen Konzert. Hierzu hatte Karl eine
Transkription für die Klop-Truhenorgel verfasst, die das Paar
äußerst virtuos – mit dynamischen Akzenten im ersten und minutiös
verspielt, an eine Drehorgel erinnernd, im dritten Satz – darbot.
Doch nahm die fehlende Anschlagskultur eines Klaviers, die auch
nicht durch die wenigen Wechsel in den fünf Registern ausgeglichen
werden konnte, dem ursprünglichen Werk etwas an Brillanz und
Farbigkeit.
Festlich und fröhlich schreitend, mitunter majestätisch eingefärbt
und mit figurativen Variationen kamen die Tänze der Renaissance- und
Barockkünstler Bernardo Storace, Jan Pieterszoon Sweelinck und
Gaetano Piazza daher. In der eher ungewohnten Besetzung von Cembalo
(Karl) und Truhenorgel (Kim) entfaltete sich immer wieder der
typische Echo-Effekt oder ein Zwiegespräch aus Tutti und ergänzender
Improvisation am von einer Neuenbürgerin der Kirchengemeinde
überlassenen Tasteninstrument.
In dem rhythmisch vorantreibenden „Danse russe“ aus der
Nussknacker-Suite“ von Pjotr Iljitsch Tschaikowski wirbelten die
Kosaken vor dem inneren Auge der Zuschauer über die Bühne. Wie im
Vorjahr durfte auch zum diesjährigen Jahreswechsel der berühmte
„Donauwalzer“ von Johann Strauß (Sohn) nicht fehlen. Mit einem am
anderen Ende des Saales platzierten Klavier konnte sich das Publikum
dem Stereoeffekt der hin- und herschwappenden Walzermelodien und
deren enormen Vielfalt auf engstem Raum nicht entziehen, welche die
beiden technisch perfekt umsetzten, im Rubato allerdings nicht immer
durchgängig auf einer Wellenlänge waren.
Mit dem populären Radetzky-Marsch von Johann Strauß (Vater) und
einer Wiederholung von Tschaikowskis „Danse russe“ am Flügel als
Zugabe entließen Kim und Karl das begeisterte Publikum in die
Silvesternacht, zu der auch im Gemeindehaus ein Sektumtrunk
angeboten wurde.
Kirchenschiff wird zum Kinosaal:
Stummfilme bekommen mit Orgelklängen ganz eigene Klangsprache
Im Rahmen der Konzertreihe
„Orgelpunkt“ des Evangelischen Bezirkskantorats Neuenbürg lud
die Evangelische Kirchengemeinde Straubenhardt-Mitte am
Samstagabend zum „Orgelkino“ in die Martinskirche Conweiler ein.
Organist Martin Wessinger begrüßte zahlreiche Gäste zu diesem
„besonderen musikalischen Abend“, bei dem die 1912 erbaute,
historische Weigle-Orgel im Mittelpunkt stand. Wessinger ging
kurz auf die Anfänge des Films und des Kinos Ende des 19.
Jahrhunderts ein und wie der zunächst noch fehlende Ton durch
Erklärer, Klavier, Kinoorgel oder Zwischentitel ersetzt wurde.
„Die Weigle-Orgel zeichnet sich durch die typischen Klangfarben
und -charakter dieser Zeit aus, wie damals in den Kinosälen, als
die Stummfilme aufkamen“, ergänzte Christian David Karl. Der
Organist und Kantor an der Klosterkirche Alpirsbach sorgte für
die passenden Orgelimprovisationen zu den beiden Filmklassikern
„The Blacksmith“ und „Sherlock jr.“ von und mit Buster Keaton.
Der auch wegen seines steinernen Gesichtsausdrucks als „The
great stoneface“ bezeichnete Schauspieler spiele darin alle
Stunts und akrobatischen Elemente selbst vor laufender Kamera,
ohne Netz und doppelten Boden, betonte Karl. Auch seine
Improvisationen würden alle live, spontan und ohne Noten
gespielt. Vom Spieltisch der Orgel hatte Karl einen direkten
Blick auf die Leinwand und konnte so das Geschehen mitverfolgen.
Er habe sich zuvor die beiden Streifen mehrmals angeschaut, um
seine Einsätze punktgenau mit den Handlungen und Slapsticks zu
synchronisieren. „Insbesondere bei einem Filmschnitt zur
nächsten Szene müssen die Schlussakkorde passen“ meinte er nach
der Aufführung. „The Blacksmith“ ist eine US-amerikanische
Kurzfilm-Slapstick-Komödie aus dem Jahr 1922. Buster Keaton
verkörpert darin einen Schmiedelehrling, der sich neben seinem
Meister als ungeschickter Handwerker präsentiert und bei seinen
Reparaturen nur noch mehr Schaden anrichtet, was für humorvolle
Situationen sorgt. Den Film durchzog eine von Christan David
Karl kreierte „Titelmelodie“, eine tänzerisch-leichtfüßige, den
Anfängen der Hollywood-Ära nachempfundene Komposition. Aber auch
Elemente aus der berühmten „Habanera“ der Oper „Carmen“ von
Georges Bizet tauchten auf. "Sherlock Jr." stammt aus dem Jahr
1924 und kombiniert waghalsige Action mit meisterhaftem Humor.
Erzählt wird die Geschichte eines Filmvorführers, der von einer
Karriere als Detektiv träumt. Als dieser fälschlicherweise eines
Diebstahls beschuldigt wird, schlüpft er in die fiktive Rolle
des Meisterdetektivs Sherlock Jr. Im Traum springt Buster in die
Leinwand und damit in die Szenerie des Films, in der er gefangen
ist, als sich seine Umgebung in einer schier
endlosen Schnittfolge ständig ändert: Von Salon zu
Eingangsportal zu Gartenanlage zu Straße zu Gebirge zu Dschungel
zu Wüste etc. Dabei ist Buster stets bemüht, sich auf die
plötzlich neue Situation einzustellen, doch wenn er sich auf die
Gartenbank setzt, landet er unsanft auf dem Straßenpflaster, und
als er von einem Felsen in der Brandung ins Meerwasser springt,
findet er sich kopfüber im Schnee. Hier gelang es Karl, die
besonderen Effekte und Übergänge zwischen den Filmkulissen mit
musikalischen Raffinessen und kreativer Instrumentierung zu
betonen. So erzeugte er durch das Reiben am Metallscharnier des
Spieltischdeckels mysteriöse Klänge. Im weiteren Verlauf ließ er
detektivischen Spürsinn und wilde Verfolgungsjagden mit
Improvisationen zu den Themen der Filmmusiken aus dem „Tatort“,
aus „Miss Marple“ und „Der rosarote Panther“ lebendig werden.
Viel Beifall für einen vergnüglichen Kinoabend, der nicht
zuletzt mit einem speziellen Bistro aufwartete, bei dem es unter
anderem auch frisches Popcorn gab.
Ev. Kirchengemeinde Straubenhardt
Mitte: Karin Ferenbach
